Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse: Ein Instrument mit Mehrwert
Die CSRD-Berichtspflicht rückt näher, und viele Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen sehen darin zunächst vor allem eines: zusätzliche Arbeit. Doch die doppelte Wesentlichkeitsanalyse bietet weit mehr als nur die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben – sie ist ein strategisches Instrument, das Ihrem Unternehmen echten Mehrwert bringen kann.
Warum sich der Aufwand lohnt
„Irgendwann muss ich es eh machen, dann kann ich es auch jetzt gleich richtig machen“ – diese pragmatische Herangehensweise eines Unternehmers bringt es auf den Punkt. Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist keine bloße Pflichtübung, sondern ein strukturierter Prozess, mit dem der IST-Zustand gründlich analysiert wird. Diese Struktur hilft, auch bisher verborgene Chancen und Risiken zu identifizieren.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Automobilzulieferer hatte sich jahrelang nur wenig mit seinem Energieverbrauch beschäftigt. Erst durch die strukturierte Analyse wurde deutlich, dass ein jährlicher Verbrauch von mehr als 9 Gigawattstunden erhebliches Einsparpotenzial birgt – nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell. Geld, das auch in Gehälter der Mitarbeiter oder zukunftsgerichtete Investitionen hätte fließen können.
Neue Perspektiven entdecken
Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse bringt Unternehmen dazu, über den sprichwörtlichen Tellerrand zu blicken. Sie betrachtet nicht nur die wirtschaftliche Dimension, sondern zeigt auch auf:
– Wo liegen unsere blinden Flecken?
– Welche Bereiche beeinflussen uns und welche können wir beeinflussen?
– Wie wirken sich Nachhaltigkeitsaspekte auf unsere langfristige Wirtschaftlichkeit aus?
Besonders wichtig: Risiken lauern nicht nur im externen Umfeld. Oft sind es interne Strukturen, etablierte Prozesse oder übersehene Ineffizienzen, die sich zu ernsthaften Geschäftsrisiken entwickeln können. Was heute noch funktioniert, könnte morgen zum Wettbewerbsnachteil werden. Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse hilft dabei, diese „Leichen im Keller“ systematisch aufzuspüren und anzugehen, bevor sie zu echten Problemen werden.
Eine weitere Perspektive ist das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit. Zunehmend achten Konsumenten darauf, dass Unternehmen ökologisch wirtschaften. Mit einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse lassen sich die ökologischen Maßnahmen deutlich mit Zahlen belegen und für ein ökologisches Marketing verwenden!
Die Herausforderungen proaktiv meistern
Eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse erfordert zunächst eine Investition in Form von Personal, Zeit und Geld. Je nach Größe und Komplexität des Unternehmens nimmt der Prozess zu Anfang mindestens drei Monate in Anspruch und bindet in dieser Zeit zahlreiche Ressourcen. Dabei ist es entscheidend zu verstehen, dass es meist nicht ausreicht, nur eine einzelne Person mit der Durchführung zu betrauen – alle relevanten Abteilungen und gegebenenfalls externe Schlüsselparteien, wie Kunden oder Investoren, müssen aktiv eingebunden werden. Der Prozess fördert so auch den Austausch zwischen verschiedenen Fachbereichen und stärkt den Zusammenhalt: Denn durch die gemeinsame Auswertung und Diskussion der Ergebnisse entsteht ein umfassenderes, vernetztes Verständnis der strategischen Ausrichtung in Ihrem Unternehmen.
Auch wenn Ihr Unternehmen noch nicht direkt berichtspflichtig ist: Der Markt wartet nicht. Durch den Trickle-Down-Effekt werden große Kunden entsprechende Nachhaltigkeitsanforderungen an ihre Lieferanten stellen. Die frühzeitige Auseinandersetzung mit CSRD und doppelter Wesentlichkeitsanalyse ermöglicht es Ihnen, diesen Anforderungen schrittweise und systematisch zu begegnen – gerade, wenn Sie jetzt noch nicht berichtspflichtig sind! Denn auch unabhängig von der Berichtspflicht: Die ganzheitliche Betrachtung von Chancen und Risiken durch die doppelte Wesentlichkeitsanalyse hilft Ihnen, eine langfristige strategische Ausrichtung des Unternehmens zu entwickeln, das Unternehmen zukunftssicher zu positionieren und Wettbewerbsvorteile zu generieren.
Fazit: Ein Instrument mit Mehrwert
Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist vergleichbar mit der Einführung einer neuen Software: Je früher man sich damit auseinandersetzt, desto besser beherrscht man das Werkzeug. Mit der Analyse werden die Handlungsfelder identifiziert, bei denen sich ein Invest lohnt. Damit können klare Arbeitsaufträge in einem strategischen Handlungsleitfaden formuliert und erledigt werden.
Der anfängliche Aufwand mag abschreckend wirken, doch die Praxis zeigt: Der Nutzen wird im Laufe des Prozesses immer deutlicher – der Appetit kommt quasi beim Essen. Unternehmen, die sich frühzeitig und strukturiert mit Nachhaltigkeitsthemen auseinandersetzen, sind für die Zukunft besser gewappnet. Denn eines ist klar: Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Umweltthema, sondern betrifft die Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens.
*Dieser Artikel basiert auf Erfahrungen aus der Praxis und Diskussionen mit Unternehmensführungen im Rahmen der CSRD-Implementierung.*
An dem Artikel haben mitgewirkt: Eva Kippenberg, Hedwig Vielreicher, Luz Werner Wissenbach, Tobias Haushahn
Die CSRD-Lotsen treffen sich jeden ersten Dienstag im Monat zum „CSRD-Café“, um eine aktuelle Frage zum Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen zu reflektieren. Weitere Informationen finden Sie unter https://csrd-lotsen.de/veranstaltungen/